Hier ein paar Auszüge, was die allgemeinen Medien zum Thema “Rechtsrock” schreiben:

Bestandsaufnahme von Klaus Farin

Rechtsrock

Begleitmusik zu Mord und Totschlag

 

Rechtsrock in Leipzig

 

Forschungsprojekt Rechtsrock

 

Wenn Jugendliche auf Rechtsrock stehen

 

Rechtsrock — eine Bestandsaufnahme

von

Klaus Farin (Berlin)

Ins Blickfeld der (Medien-)Öffentlichkeit geriet der »Rechtsrock« erst 1992. Auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPS), die in den 80er Jahren lediglich eine einzige Produktion — »Der nette Mann« von den Böhsen Onkelz — indiziert hatte, startete erst am 30. Oktober 1992 jene Verbotswelle, der bis heute (Mai 1995) 75 Tonträger und 72 szene-zugehörige »Fanzines« zum Opfer fielen. Doch schon ein flüchtiger Blick in die Indizierungsverfügungen zeigt, daß die BPS — bzw. die antragstellenden Jugendämter etc. — damit keinesfalls auf einen tatsächlichen Boom von neuen Aktivitäten rechtsradikal orientierter Bands reagierte: Die Mehrzahl der 1992/93 indizierten Tonträger stammte bereits aus den 80er Jahren, die indizierten Fanzines waren fast ausnahmslos längst vergriffen, Neuauflagen nicht geplant.

Anlaß und Ursache für Medien, Politik und »Jugendschutz« zur Beschäftigung mit dem Thema »Rechtsrock« wurde die rassistische Gewaltexplosion von 1991/92 bzw. die durch die internationale Empörung notwendig gewordene Suche nach Sündenböcken. Hier boten sich Skinheads, organisierte Neonazis und deren Musik geradezu an. So wurden in Politik und Medien immer wieder unreflektiert kausale Zusammenhänge zwischen dem Hören von »Rechtsrock« und dem Ausleben rassistischer Gewaltbereitschaft hergestellt. Gebetsmühlenartig taucht in den Medien ab Frühjahr 1992 die Behauptung auf, im Anschluß an Konzerte einschlägiger Rockgruppen sei es zu »Ausschreitungen« und »Übergriffen« vor allem auf Flüchtlingsunterkünfte gekommen, allerdings merkwürdigerweise, ohne daß diese Behauptung nur in einem einzigen Fall konkretisiert bzw. belegt wurde. Meine Nachrecherchen haben ergeben, daß diese »Überfälle« entweder von den AutorInnen selbst erfunden wurden (zur journalistischen »Dramatisierung« der Story) oder auf anderen zweifelhaften Quellen (vor allem früheren Beiträgen anderer Medien) basierten, die ihrerseits keine Belege nannten. Die wichtige Frage, ob Anfang der 90er Jahre wirklich ein gefährlicher Markt für rechtsradikale und rassistische Rockmusik in Deutschland entstanden war, konnte die inflationäre Medien»berichterstattung« nicht beantworten, da es den AutorInnen der Beiträge für gewöhnlich an minimalsten Grundkenntnissen zum Thema fehlte. Das »Aufklärungsinteresse« schien zumindest bei den journalistischen KollegInnen selbst nicht sehr groß gewesen zu sein. Eigene, z.B. lokale Recherchen finden sich kaum; neun von zehn Beiträgen in Funk und Printmedien enthalten nicht nur zuhauf sachliche Fehler (bis zu dreißig in einem einzigen Bericht habe ich gezählt), sie repetieren auch lediglich das, was andere zuvor gedruckt oder gesendet haben. Daß »Rechtsrock« zum Medienthema wurde, hat nichts mit dem realen Problemdruck zu tun und viel mit der verschärften Konkurrenzsituation auf dem Medienmarkt, die weitgehend die fundierte, langfristig angelegte und sauber recherchierte Aufklärung zugunsten spektakulärer, action-orientierter Reportagen verdrängt hat. Setzen beispielsweise, was recht häufig geschieht, Der Spiegel und BILD unisono ein Thema, hetzt der Rest der Branche aus Angst, zu spät zu kommen und ein möglicherweise wichtiges Thema zu verpassen, so schnell es geht hinterher. Eine Überprüfung dieses »möglicherweise«, also der wirklichen Relevanz des Themas findet in der Regel nicht statt, da sie für die Entscheidung, ob das Thema »gemacht« (sic !) wird, keine Rolle spielt. So konnte es geschehen, daß Rockgruppen wie Störkraft , von denen bis zum Oktober 1992 kaum jemand auch nur einen Ton gehört hatte, plötzlich als ernstzunehmende Gesprächspartner von Talkshow zu Talkshow pilgern und Hunderte von Zeitungsspalten bevölkern durften — bis nun wirklich jeder Vierzehnjährige im ganzen Land wußte, was in war, und nicht wenige tatsächlich begannen, die Kaufhäuser zu stürmen, auf der Suche nach den »ultraharten Nazi-Bands«.

Die Szene heute

Es existieren derzeit in Deutschland etwa 60 bis 80 »Rechtsrock«-Bands die zumindest irgendwann einmal ein Demo-Tape verbreitet haben bzw. schon live aufgetreten sind, und vermutlich noch einmal die gleiche Zahl von Bands musikbegeisterter rechtsorientierter Jugendlicher, die jedoch bis zur Wiederauflösung nie den Probenkeller verlassen werden. Die Szene ist klein, überschaubar und seit Jahren relativ konstant. Keine einzige dieser Bands kann von ihrer Musik leben. Kein Wunder: Seit der rigiden Verbotspraxis fanden jährlich bundesweit nicht mehr als 30 bis 40 Konzerte mit »Rechtsrock—Bands statt. Veranstaltungsorte waren oft Proberäume und sogar mehrfach Privatwohnungen, zu denen dann 30 bis 100 Fans anreisten. In einigen Fällen traten Junge Nationaldemokraten und FAP-Aktivisten als Veranstalter auf. Das größte »Rechtsrock«-Konzert des letzten Jahres lockte 800 Fans an, die aus der halben Bundesrepublik angereist waren.

Insofern die Bands ihre Auftritte nicht gleich selbst organisieren, erhalten sie als übliche Gage die Benzinkosten, ein warmes Essen und Alkohol bis zum Abwinken. Die Platten-/CD-Honorare bestehen in der Regel aus einer Anzahl von Freiexemplaren, die die Bands dann selbst weiterverkaufen dürfen. Zahlt ein Label überhaupt Geld aus, so liegen die Spitzensätze bei rund 10. 000,— DM plus zehn Prozent »Gewinnanteil«, eine Summe, die nach Abzug der Record Release Party-Kosten fast immer in die Verbesserung des Equipments oder die Anmietung eines Probenraumes investiert wird. Neben etwa 40 bis 60 Demo-Tapes (incl. Sampler und Konzertmitschnitte) mit zumeist handsignierten Auflagen zwischen 30 und 400 Stück erschienen 1994 etwa 40 LPs/CDs mit Startauflagen zwischen 500 und 6. 000; selten erreichte einmal eine Band fünfstellige Verkaufszahlen.

Vertriebswege

»Rechtsrock« ist Independent-Musik. Man bekommt ihn nicht an jeder Ecke oder im Plattenladen nebenan. Wer Produktionen von Bands wie Freikorps oder Odins Erben, Werwolf oder Triebtäter kaufen möchte, braucht Kontakte, Adressen.

Der Vertrieb des »Rechtsrock« erfolgt weitgehend über szeneeigene Label und Mailorder, Skin-Fanzines und Neonazi-Magazine, bei Konzerten und Parties, über Militaria- und (wenige) Plattenläden, in Ausnahmefällen über die Industriefirma Bellaphon, die sich über den mit ihr assoziierten Produzenten Ingo Nowotny mehrfach rechtsradikale Kuckuckseier aus dem Heavy-Metal-Sektor ins Nest legen ließ, was zwar betriebsintern schon gelegentlich Kontroversen auslöste, ansonsten aber folgenlos blieb.

Obwohl es derzeit etwa zwanzig Mailorder-Anbieter in Deutschland und noch einmal so viele Importeure gibt, heißt der Marktführer weiterhin Rock-O-Rama. Der Betreiber dieses bereits 1977 als Punk-Vertrieb gegründeten Unternehmens, Herbert Egoldt, zuvor kein Aktivist der rechten Szene, sattelte erst Mitte der 80er Jahre auf » Blood & Honour«- und »White Power«-Bands um, nachdem mit Punk nichts mehr zu verdienen war. Obwohl in der etwa 2.000 Titel umfassenden Vertriebsliste von Rock-O-Rama überwiegend nicht-rechte Punk-, Hardcore-, Rock 'n' Roll-, Psychobilly- und Ska-Bands angeboten werden, ist das Kölner Unternehmen der weltweit bedeutendste Anbieter von Nazi-Musik. Rock-O-Rama soll nach Auskunft von Insidern 10. 000 Stammkunden in seiner Versanddatei haben.

Die Fans

»Die Jugend« gibt es ebenso wenig wie »den Jugendtrend«. Eine dominante Jugendkultur existiert heute so wenig wie vor dreißig oder fünfzig Jahren, nur daß heute die Palette der Möglichkeiten größer und farbiger geworden ist, damit aber auch die Fluktuation höher und schneller, die Abgrenzungsrituale oberflächlicher und gleichzeitig diffiziler. Neben den etablierten Jugendidolen, Mainstreamstars wie Michael und Janet Jackson, Take That oder Bon Jovi, existieren unzählige Nischen- und Subkulturen: Techno, Rap, Punk, Heavy Metal, Hardcore, Psychobilly und klassischer Rock 'n' Roll, Soul, Ska, Reggae und seine Weiterentwicklungen (Raggamuffin, Dancehall...) usw., und um jeden Musikstil gruppiert sich eine eigene jugendliche Lifestyle-Szene. »Rechtsrock« und seine Fangemeinde ist eine dieser Farben, wobei in diesem Begriff nicht nur zwei Analyseebenen — Musik und politische Orientierung -, sondern sogar verschiedene Musikstile vereint werden.

Der typische »Rechtsrock«-Fan ist weiß, männlich und unter 30 Jahren. Einwanderer- und weiblichen Jugendlichen sowie älteren Fans und Musikern begegnet man in dieser Szene selten. Skinheads stellen entgegen der öffentlichen Wahrnehmung nur einen Teil der Anhängerschar dar. Die Fanszene rekrutiert sich aus verschiedenen Motivationssträngen:

1. Ein Teil der Fans hört diese Musik aus politischer Überzeugung. Einfach gesagt: Jungnazis, junge Rassisten hören nazistische und rassistische Musik, um sich ideologisch aufzurüsten und in ihrer politischen Identität zu bestätigen. Diese Fans lehnen beispielsweise die »Negermusik« der ursprünglichen Skinheads, den Ska, häufig grundsätzlich ab. Die musikalische Qualität und Ausrichtung der Bands ist gegenüber den textlichen Aussagen zweitrangig...

2. Ein Teil der Fans ist quasi ausschließlich an der Musik interessiert. Heavy Metal — Fans hören eben (oder sammeln) Heavy Metal, unabhängig davon, ob die Bands oder deren Texte links oder rechts orientiert sind. Skinheads hören (oder sammeln) alles, was von Skin-Bands auf den Markt kommt... So sollte es nicht verwundern, wenn zum Beispiel auf Cassetten, die Jugendliche selbst für den Walkman oder Jugendclub zusammengestellt haben, die Toten Hosen nach den Böhsen Onkelz erklingen, Die Ärzte auf Störkraft folgen.

3. Ein Teil der Fans ist zwar an den Texten interessiert, aber nicht unbedingt rechts orientiert. Denn ein nicht zu unterschätzender Wert ist die Authentizität der Bands. Die Musiker kommen aus den gleichen Verhältnissen wie ihre Fans, leben wie sie, trinken mit ihnen, beantworten ihre Briefe, verschicken oft ihre Platten und Konzertdaten selbst. Es sind Stars zum Anfassen, Idole mit Bodenhaftung.

Dementsprechend ist auch ihre Musik. Der Sound ist geradlinig, simpel, laut — für Eltern und LehrerInnen garantiert ungenießbar. Die Texte ? Straßenlyrik, wie sie jeder 14jährige schreiben könnte. Auch rechtsradikale Bands vertonen nicht nur ihren Rassenwahn, sondern singen ebenso über Parties und Freundschaften, Fußball und Fußballrandale, Arbeitslosigkeit und Ärger mit den Staatsorganen, Sex und Liebe. Sie drücken das aus, was ihre Fans tagtäglich bedroht und erfreut, und das in einer Sprache, die auch die ihrer Fans ist. Die zumeist nur rudimentäre, simple Lyrik dieser Songs ist ebenso wie die oft handwerklich grausame Vertonung nicht nur eine Schwäche, wie elitäre Kritiker gerne behaupten, die sich über die »Primitivität« dieser Musik auslassen, sondern auch ein identitätsstiftender Faktor, dem von Jugendlichen favorisierte Musikstile vom Rock 'n' Roll bis zum Punk schon immer ihre Attraktivität verdankten. Das hat zunächst natürlich nichts mit »rechts« zu tun. Knallharter Rock und aggressive Texte sind keine Frage der politischen Orientierung. Rockmusik ist politisch neutral, Rebellion kein Privileg der Linken. Die derzeitige Attraktivität rechter Bands ist auch eine Folge des Vakuums auf der anderen Seite. Linksrebellische, deutschsingende Rockbands wie meinerzeit Ton Steine Scherben oder Udo Lindenberg gibt es heute kaum, mit Ausnahme der immer noch quicklebendigen Punkszene, oder sie sind Talkshow-kompatibel und somit Massenware. Daß ein Herbert Grönemeyer heute als »radikal« gilt, sagt wohl genug.

Für viele Jugendliche bedeutet »links« = etabliert. Gerade für männlich dominierte, Hardrock-orientierte Jugendszenen herrscht links ein Vakuum bzw. offene Abweisung und Ausgrenzung. Auch viele linksliberal orientierte Angehörige der Elterngeneration, obwohl selbst Rock-sozialisiert, haben große Probleme damit, diese Musik und vor allem deren aus eher »proletarischen« Milieus stammende Fans zu akzeptieren.

»Rechtsrock« ist so für viele Ältere doppelt verdächtig:

1. wegen seiner Texte und 2. wegen seiner Musik.

»Rockmusik führt zur Abhängigkeit von Alkohol, Drogen, zur Gewalttätigkeit und zur Homosexualität.« aus: »Wie man dekadente Musik erkennt. Ein Kulturführer.« Hrsg. von der KP Chinas (1983)

»Rechtsrock« ist ein Glücksfall für jene, die seit Jahren mit der These »Heavy Metal fördert Aggressionen« gegen lautstarke Rockmusik Sturm laufen. Natürlich ist das längst durch zahlreiche Studien widerlegter Unsinn. Die Rezeption von Musik erfolgt differenzierter. Hardrock, Punk, Techno etc. können aggressiv stimulieren, aber ebenso Aggressionen abbauen. Entscheidender als das individuelle Produkt ist a) die Intensität bzw. Ausschließlichkeit des Konsums eines bestimmten Genres (z.B. Horror- oder Gewaltfilme) oder einer bestimmten Orientierung (z.B. Rechtsrock) sowie b) die persönliche Lebenslage des Rezipienten. Jugendliche werden nicht durch den Konsum von rechtsorientierter Rockmusik rechtsradikal, durch den Konsum von Horrorvideos oder Gewaltliteratur gewalttätig und grausam. Hört ein Jugendlicher intensiv »Rechtsrock«, ist dies ein Signal für seine Umgebung (Freunde, Familie, LehrerInnen etc.), daß dieser Jugendliche möglicherweise rechte Orientierungen entwickelt hat, eine dringende Aufforderung, sich mit dem Jugendlichen und seiner Erlebnis- und Alltagswelt ernsthaft zu beschäftigen. Eine Ausgrenzung des Betreffenden bzw. Verbote bestätigen den Jugendlichen in seiner Haltung, daß er da etwas ganz Besonderes hört, und »die Gesellschaft«/»die Eltern«/»die Schule« sowieso gegen ihn sind. Verbote vermögen sicherlich Mitläufer und Randfiguren der Szene abzuschrecken, stabilisieren jedoch bei den ohnehin gefährdeteren Jugendlichen die negative Einstellung und die Zugehörigkeit zur Szene.

Fazit: Eine intensive oder gar ausschließliche Zuwendung eines Jugendlichen zu dieser Musik sollte sein persönliches Umfeld aufmerken lassen. Doch: Nicht jeder »Rechtsrock«-Fan denkt selbst rechts. Ob der Konsum bedenklich ist oder nicht, erfährt man erst auf der Grundlage einer gewissen Akzeptanz der jugendlichen Entscheidungsfreiheit. Verbote verhärten die Fronten und bedeuten letztendlich den Verzicht auf jegliches (pädagogisches) Einmischen.

Die Folgen der Repression

Waren bis 1991/92 Konzerte mit eindeutig neonazistischen Bands sowie die Produktion von entsprechenden Platten und CDs in Deutschland im Grunde genommen folgenlos möglich, so wurde die Szene seitdem zum Abtauchen gezwungen. Für eine Entwarnung ist es allerdings zu früh, die staatliche Repression hat — unabhängig von ihrer rechtsstaatlichen Zweifelhaftigkeit und politischen Unglaubwürdigkeit — durchaus zwiespältige Auswirkungen.

1. Deutsche Bands können seit 1993 praktisch keine offen neonazistischen oder krass rassistischen Platten/CDs mehr veröffentlichen. Auch Konzerte mit entsprechenden Bands sind derzeit kaum möglich und nur unter strengster Abschirmung durchführbar. Wird ein Konzerttermin und Ort bekannt, hat dies in der Regel einen großangelegten Polizeieinsatz, zahlreiche Festnahmen und bundesweite Schlagzeilen zur Folge. Das hat zur Verunsicherung der Szene geführt, »normalen« Fans, die diese Musik vielleicht hören möchten, aber nicht über einschlägige Szene-Kontakte verfügen, wurde es deutlich erschwert, an entsprechende Produktionen heranzukommen, geschweige denn Bands live zu erleben.

2. Ausländische Bands sind davon allerdings kaum betroffen. Britische, amerikanische, skandinavische etc. Bands können weiterhin mit eindeutigen Texten aufwarten. Ihre Produktionen sind weiterhin über deutsche Mailordervertriebe wie Rock-O-Rama oder über Bestelladressen in Dänemark, Belgien, Frankreich, Großbritannien oder anderen Staaten erhältlich.

3. Bands, die weiterhin eindeutige Aussagen transportieren wollen, veröffentlichen ihre Songs gleich nur auf Demo-Tapes, d.h. auf mit einfachster Technik preiswert und unzensiert selbst aufgenommenen Cassetten. Deren Vertrieb läßt sich faktisch nicht unterbinden. Da die Mehrheit dieser Bands ohnehin nur von Gleichgesinnten und Szene-Angehörigen erhört werden will, bedeutet dies keine ernsthafte Einschränkung ihres Schaffens.

4. Andere »Rechtsrock«-Bands, sicherlich die mit Abstand größte Gruppe, passen ihre Texte an. Sie vermeiden eindeutig (neo)nazistische Reizwörter, loten die Grenzen der Legalität aus, indem sie ihre Ansichten in eine juristisch kaum angreifbare Sprache verkleiden, für ihren Rassismus Formulierungen wählen, die eben auch aus deutschen Parlamenten zu hören sind — die Fans wissen ja ohnehin, was gemeint ist. Bei Konzerten werden »Sieg Heil!«-Rufe oder das Erheben des rechten Armes sofort mit dem Hinweis »Wir wissen ja, wie wir denken« unterbunden. Distanzierungen von den Gewalttätern gehören quasi zum guten Ton: »Wir haben es satt, mit Idioten und Mördern in einen Pott geschmissen zu werden.«, verkünden Sturmgesang auf ihrer im April '94 eingespielten Produktion »Erschaffen im Sturm«, »Die Provokationen sind vorbei, sie haben ihren Dienst getan.« — »Kameraden — distanziert Euch von Gewalt. Wissen ist Macht !!!«, fordern Oi Dramz die Hörer ihrer '94er CD »Skinhead« auf. Und Rheinwacht warnen in ihrem Song »Valhalla«:

    Den rechten Arm zum Gruß gestreckt
    hast Du nur Haß und Gewalt gesät
    lachend stehst Du jetzt vor einem brennenden Haus
    es laufen die letzten Leute heraus
    Viele von uns werden nun gejagt
    das ist die Antwort auf Deine dumme Tat
    Viele von uns mußten dran glauben
    denn Du mußtest fremdes Leben rauben.

»Gewaltverherrlichung kann der rechten Szene nur schaden« (René Heizer), haben viele Rechte inzwischen erkannt. Das bedeutet nicht unbedingt eine Veränderung der Einstellungen. So erklärt der frühere JN-Barde René Heizer, der 1993 seine alten Lieder im Aufwind der Szene erneut auf den nationalen Markt brachte, im gleichen Interview mit seinem Produzenten Manfred Rouhs »(Europa vorn«): »Man kann Solingen und Mölln als Endresultat einer bankrotten Kulturpolitik der herrschenden Parteien bezeichnen. Falls tatsächlich junge Deutsche Mordanschläge gemacht haben — was noch nicht bewiesen ist -, ist die Schuld nicht bei den Jugendlichen zu suchen, sondern bei den verantwortlichen Politikern, die der deutschen Jugend ein artfremdes Umfeld angeboten haben.«

Auch Störkraft — Sänger Jörg Petritsch äußert sich in einem Brief an den im März '95 wegen Beihilfe zum versuchten Mord zu 8 Jahren verurteilten Herausgeber des Nazi-Zines »United Skins«, Carsten Szczepanski, zu seinen Distanzierungserklärungen — die er u.a. in der Talkshow »Einspruch« von sich gegeben hatte: »Fast 3 Mio. Menschen haben die Sendung gesehen, somit wurde ein riesiges Publikum erreicht, was wir sonst nicht haben — wir sind im Gespräch und nicht nur Störkraft sondern alle die, die die gleichen Ziele haben. Natürlich stehen wir voll und ganz zu dem, was wir gemacht haben, doch der Druck auf uns wurde so stark, daß wir ihm kaum noch standhalten konnten. Wir haben Anzeigen wegen Volksverhetzung laufen, das hindert an freier Entfaltung. Wir mußten gewisse Zugeständnisse in der Öffentlichkeit abgeben, um vor Gericht besser dastehen zu können.«

Während sich also ein harter Kern in den subkulturellen Untergrund zurückgezogen hat, versuchen andere Bands, mit »gemäßigten«, gerne »unpolitisch« genannten Produktionen eine größere Akzeptanz zu erreichen oder zumindest Verbote jeglicher Art zu vermeiden. Ein Teil der Szene zog aus der Repression die Schlußfolgerung, daß die Eskalationsstrategie der offenen Herausforderung dieses Staates, wie sie schon früher linksmilitante Bewegungen bis zur RAF erprobten (und daran scheiterten) und in der Wiedervereinigungseuphorie der Jahre 1989-'92 auch in der rechten Szene hoffnungsfroh praktiziert wurde, nicht funktioniert. Es ist weder gelungen, den Nationalsozialismus auf der Straße zu legalisieren noch entsprechende Parteien parlamentarisch zu etablieren. So setzt man nun wieder auf verdeckte Vorgehensweisen — auch in der Musik.

Der bis vor wenigen Jahren recht überschaubare Markt für »Rechtsrock« mit dem Kölner Vertrieb und Label Rock-O-Rama/ISV als Quasi-Monopolist hat sich ausdifferenziert. Allein seit 1992 entstanden acht neue Mailorder und Plattenlabel, die sich ausschließlich um »Rechtsrock« bemühen. Die politische Herkunft und Orientierung von Produzenten und Bands wird in der Regel zumindest oberflächlich unter Attributen wie »unpolitisch« oder »nonkonform« verdeckt, so daß zwar Szene-Angehörige orientiert sind, der Staat aber keine Möglichkeiten des Eingreifens bekommt. Nicht wenige Bands bemühen sich, das Skinhead-Image abzulegen. Nicht nur die Haare wachsen, auch die Musik erhält neue Farben. Neben die führenden Spielarten des Heavy Metal treten Mainstream-Rock, Pop, Techno, Liedermacher oder, zur Zeit auch unter deutschen Bands sehr populär, Balladen. Die Texte fordern nicht mehr »Ausländer raus« sondern »Drogenkriminelle raus«, man gibt sich deutschnational statt nationalsozialistisch, statt »Asylanten« geraten nun Linke in den Zenit der Feindorientierung.

    Sturmwehr
    Eure Zeit ist vorbei
    du bist links und kommunist
    rote fahne antifaschist
    pds oder mlpd
    es tut mir im herzen weh

    marx und engels eure ideale
    antideutsche linksradikale
    eure zeit ist schon längst vorbei
    mitteldeutschland endlich frei...

    randale und terror von autonomen
    bald wird man euch dafür belohnen
    eure zeit ist vorbei
    gegen links unser schrei

    Refrain:
    du denkst verkehrt
    deine meinung ist heute nichts mehr wert...

Der »Rechtsrock« der 90er Jahre klingt (textlich) nicht mehr so offensichtlich barbarisch wie der der 80er, aber er ist damit auch potentiell konsensfähiger geworden. Ob dies besser ist, wage ich zu bezweifeln.

    Kettenhund: alltag

    unverständliche gesetze
    skandale, keine arbeitsplätze
    korruption und steuerlügen
    den bürger vorsätzlich betrügen

    Refrain:
    habt ihr es noch nicht erkannt
    das ist der alltag in unserem land
    steh'n kurz vor dem ruin
    wer kriegt das wieder hin ?

    großstadtlichter leuchten zufrieden, hell
    gedanke an wohlstand vergeht schnell
    steigende preise, wohnungsnot
    zerfall der moral, drogentod

    das land ist in großer not
    von terror und gewalt bedroht
    bald ist es vollbracht
    das volk um den lohn der arbeit gebracht

Begleitmusik zu Mord und Totschlag

Rechte über Rechtsrock:
"Gut gemachter ‘Rechtsrock’ kann helfen, Menschenmassen wenigstens oberflächlich im patriotischen Sinne zu politisieren. Ist es uns gelungen, einen Fuß in die Tür des öffentlichen Bewußtseins zu stellen, werden wir die Pforten bald weit öffnen für unsere in eine bessere Zukunft weisende politische Alternative zu Marxismus und Liberalismus."
("Europa Vorn Spezial", Nr.6, Sommer 1993)

Ein boomender Markt

Es ist still geworden um das Anfang der Neunziger Jahre in den Medien sehr präsente Thema "Nazirock". Ebenso wie die steigende Aktivität der Naziszene nicht wahrgenommen wird, wird die Entwicklung auf dem Musik-Sektor ignoriert. Schließlich hatte der Staat parallel zu den Verboten diverser neonazistischer Organisationen 1992/93 auch erste repressive Maßnahmen gegen einige Rechtsrock-Bands, Labels und Vertriebe ergriffen. Eindeutig an den Nationalsozialismus anlehnende Produktionen und die dazu gehörigen Produktionsstätten wurden daraufhin in das benachbarte Ausland verlagert. Scheinbar waren Hakenkreuze und Reichskriegsflaggen von den Plattenständern verschwunden.
Doch die medial geprägte Wahrnehmung täuscht. Rechtsrock boomt mehr denn je. Auf jedem größeren Flohmarkt findet sich heute ein Stand mit Nazi-Rock und -Utensilien, die mehr oder weniger offen verkauft werden, und unter so mancher Ladentheke kleinerer und mittlerer Schallplattenläden liegen indizierte CDs zum Verkauf. Sogenannte "Rechtsrockverleger" setzen zunehmend auf direkte Vertriebswege, den Versandhandel und Internet-Online-Shops mit Erfolg: Die großen Labels verzeichnen nie dagewesene Absatz- und Umsatzrekorde. Neonazistische Musikproduktionen werden in Auflagen zwischen 2.000 und 10.000 Stück unter das rechte Volk gebracht. Konspirativ organisierte Nazi-Konzerte finden mit bis zu 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt, bundesweit durchschnittlich zwei pro Woche. Ideologieeinflüße der extremen Rechten spiegeln sich mittlerweile nicht nur im "klassischen" Nazi-Skin-Rock wieder, sondern unter diskursiver Schützenhilfe des intellektuelleren Teils der Rechten werden Nazi-Projekte in diversen Pop- und Rock-Stilen in Angriff genommen.
Faschistische Ästhetik ist im Zuge dessen längst im Mainstream angekommen. Bands wie die Böhsen Onkelz, die nie mit ihrer neonazistischen Vergangenheit gebrochen, sondern im Gegenteil immer darauf angespielt haben, sind mit ihren CDs in den Top Ten. Major-Labels wie der Sony-Ableger Epic nehmen faschistoide Dark-Wave-Bands wie Weissglut unter Vertrag, und werden von großen Teilen der Musikpresse abgefeiert. Bands wie Rammstein verwenden Filmmaterial von Leni Riefenstahl in ihren Videos, und linke Kritik an der vorbehaltlosen Übernahme faschistischer Symbolik wird als "Spinnerei" abgetan. Der alte Vertreter der "Neuen Deutschen Welle" Joachim Witt hat "deutsches Kulturgut" wieder entdeckt und wird prompt zum Vorzeigestar der sogenannten "Neuen Deutschen Härte". So geistert sein Titel "die Flut" und das dazugehörige Video, das sozialdarwinistische Inhalte vertritt und ganz im Stil von Filmemachern der dreißiger Jahre gehalten ist, ebenfalls in den TopTen der deutschen Musikindustrie.

The kids are not all right

Fest steht, daß die Entwicklung der "Rock- und Pop-Musik" nicht entkoppelt von gesamtgesellschaftlichen Prozessen zu betrachten ist. Hier ist seit Jahren eine eindeutige Rechtsentwicklung zu beobachten, die natürlich nicht ohne eine entsprechende
(Re-)Produktion nationalistischer und rassistischer Ideologieelemente und Praxen in großen Teilen der Bevölkerung vonstatten geht. Sie findet ihren Niederschlag auch im kulturellen, insbesondere im jugend- und popkulturellen Sektor. So ist in einigen Regionen der BRD auf der Straße und im jugendkulturellen Bereich eine Hegemonie neonazistischer Jugendcliquen zu beobachten. Vor allem dort, wo jegliche Ansätze "alternativer" bzw. linker (Jugend-)Kultur und antifaschistischer Politik fehlen und rechte Jugendcliquen auch noch staatlich im Rahmen von "akzeptierender Jugendarbeit" gefördert werden, ist diese Entwicklung am stärksten: Rechte Skins bestimmen die Tagesordnung und begegnen allen, die nicht in ihr rechtes Weltbild passen, wie etwa MigrantInnen, Flüchtlingen, Linken, Behinderten, Obdachlosen, mit Gewalt und Terror.
"Rechts sein" ist in, und wird als Auflehnung gegen den bürgerlichen Staat und seine Normen, als Provokation und Aufbegehren verstanden. Dabei ist das Agieren der Jungnazis faktisch keine Rebellion im eigentlichen Sinne, sondern nur die konsequente Weiterführung eines gesellschaftlichen Konsens; ihre Aktionen sind häufig nur die Fortführung der Politik, die sie im Elternhaus und den Stammtischen vorgekaut bekommen - mit anderen Mitteln.
Politisierungsfeld
der Nazi-Szene

Wurden Tabubrüche, Rebellion und "subkulturellen Identitäten" ehemals immer links oder zumindest fortschrittlich decodiert, so setzen mittlerweile an der scheinbaren "Jugend-Opposition" die Strategien der extremen Rechten an, die die Attraktivität und Ausstrahlung von Rebellion und "Differenz" für sich zu nutzen suchen. Vor allem solche kulturellen Strömungen, die reaktionäre Werte wie Autoritätshörigkeit, "Männlichkeitskult", Ordnung usw. vermitteln, finden das Interesse von Neonazis und ihre Propaganda fällt dort auch auf fruchtbaren Boden.
Strukturen wie die "Freien Kameradschaften" oder die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), die Jugendorganisation der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), haben es in den letzten Jahren verstanden, genau dieses Potential der scheinbar rebellischen rechten Jugendlichen zu ihren Veranstaltungen und Aktionen zu mobilisieren und immer stärker einzubinden, wie etwa die Aufmärsche gegen die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht in München, Bonn oder Kiel beweisen (an denen bis zu 4.500 Neonazis, vor allem rechte Skin-heads teilnahmen). Ihr Erfolg liegt vor allem in der Überbrückung der ehemals großen Kluft zwischen eher "organisationsfeindlich" eingestellten Jugendlichen, die sich hauptsächlich über ihre "subkulturelle Identität" zu definieren versuchten, und den Ansprüchen einer neonazistischen Organisation. Dies gelingt ihnen vor allem über eine aktionistische Ausrichtung ihrer Politik - die steigende Anzahl von neonazistischen Aufmärschen ist ein Beweis dafür. Auch legen neonazistische Organisationen bei der Planung ihrer Events in letzter Zeit Wert auf ein "kulturelles Rahmenprogramm", d.h. den Auftritt von Nazi-Bands oder sogenannten "rechten Liedermachern", wie Frank Rennicke oder Jörg Hähnel, um ihr "biederes" Partei-Image abzulegen und Anziehungskraft auf das Jugendspektrum zu gewinnen.
Doch Neonazi-Kader wollen nicht nur aus diversen kulturellen Szenen Menschen für die politische Arbeit rekrutieren, sondern verfolgen auch finanzielle Interessen. Dabei können sie auf bundesweite und auf internationale Produktions- und Vertriebsstrukturen zurückgreifen. Die entsprechenden Versände werden häufig von regionalen Nazi-Funktionären geführt, wie etwa der "Dieter-Koch-Versand" aus Sprockhövel oder der "Schwarze Fahne-Versand" der JN, der vom JN-Landesvorsitzenden Achim Ezer betrieben wird. Ein weiteres Beispiel ist "Pühses Liste", ein Vertrieb des ehemaligen Funktionärs der "Nationalistischen Front" und heutigen NPD-Funktionärs Jens Pühse, der mittlerweile komplett in den NPD-Versand, dem "Deutsche Stimme-Verlag", aufgegangen ist.
Ein weiteres Ergebnis der Politisierung des Skinhead-Szene sind Strukturen, die sich ehemals an Musik-Produktion und Vertrieb, der Organisierung von Konzerten u.ä. organisierten, mittlerweile straffer und verbindlicher als Parteien agieren können, wie etwa das "Blood and Honour"- oder das "Hammerskin"-Netzwerk. Beide haben "Sektionen" in mehreren europäischen und amerikanischen Ländern.

Das Lemmer-Reich

 

Wer sich in Düsseldorf mit dem Thema Rechtsrock beschäftigt, stößt nach kurzer Zeit auf die Person Torsten Lemmer. Der heute 29-jährige war bis Ende 1992 Fraktionsgeschäftsführer der Düsseldorfer "Republikaner"-Abspaltung "Freie Wählergemeinschaft" (FWG) sowie bis April 1993 Pressesprecher und stellvertretender Vorsitzender des sogenannten FWG e.V. Vor seiner FWG-Zeit war er im Bundesvorstand der bundesweiten "Republikaner"-Abspaltung "Freiheitliche Volkspartei" und kurze Zeit im Kölner Kreisverband der REPs aktiv. Mitte 1993 gelang es antifaschistischen Gruppen und der "Bürgerinitiative Elleraner/innen gegen Rechts", Lemmer aus seinem Düsseldorfer Domizil zu vertreiben. Niedergelassen hatte er sich im Verlagshaus des damaligen FWG-Vorsitzenden und selbsternannten "Nationalverlegers", Kurt Winter. Dieses Verlagshaus wurde auch als FWG-Geschäftsstelle genutzt. Die Eigentümerin des Hauses löste den Mietvertrag mit Winter, nachdem sie über die dortigen Machenschaften informiert worden war. Ende 1993 bezogen Lemmer und sein politischer Ziehvater Winter neue Geschäftsräume in einem Langenfelder Industriegebiet.
Bereits Mitte 1992 begannen Lemmer und einige seiner "Kameraden" neben ihrer Tätigkeit in der FWG das Feld des Rechtsrocks zu erschließen. Dies folgte mehreren Intentionen: Zum einen wurde die Möglichkeit gesehen, rechte Jugendliche zeitgemäß anzusprechen und zu politisieren, um diese an die eigene Organisation zu binden; zum anderen aber auch der eigenen Profilierung durch spektakuläre Fernsehauftritte und der Hoffnung, auch finanziell vom nicht

Düsseldorfer Rechtsrock-Bands:

08/15

"08/15" wurde 1991 gegründet. Benannt wurde die Band nach eigenen Angaben nach einer Pistole aus der Baureihe "08"-, die auf Seiten der Deutschen im zweiten Weltkrieg Verwendung fand.
Die zentralen Figuren bei 08/15 sind die Düsseldorfer Rainer Sebrecht aus Vennhausen und Ingo Wolff aus Bilk. Der ehemalige Gitarrist Oliver Podjalski hat die Band vor längerer Zeit verlassen und ein eigenes Projekt namens "Hauptkampflinie" ins Leben gerufen.
1996 und 1997 galt "08/15" als der neue "Shooting Star" am rechten Glatzen-Himmel. Sie traten bundesweit und zunehmend auch im Ausland auf. Zu dieser Zeit wurde aus den 08/15-Reihen auch ein weiteres lokales Band-Projekt namens "Arbeiterklasse" gegründet, das es bislang auf 2 CDs gebracht hat.
Neben ihrer 08/15-Tätigkeit helfen Sebrecht und Wolff bei der englischen Nazi-Kultband "Brutal Attack" aus, die seit längerer Zeit nur noch aus Ken Mc Lellan besteht. 08/15-Auftritte hat es in letzter Zeit immer weniger gegeben, wenn man einmal von Solo-Auftritten des "Balladensängers" Rainer Sebrecht absieht. Sebrecht versucht sich seit einiger Zeit auch mit einem eigenen kleinen Label namens "Thunder Records" mit angegliederten Vertrieb.

Rheinwacht

Die Düsseldorfer Band "Rheinwacht" ist hervorgegangen aus der 1989 gegründeten Gruppe "Volkstroie". Hauptfigur bei "Rheinwacht" ist Frank Krämer aus Düsseldorf-Garath, der zeitweise REP-Mitglied war. Nach einer Umbesetzungsphase 1996/97 ist die Band seit einiger Zeit wieder startklar, nachdem sie sich aus den Reihen der Bonner Rechtsrock-Band "Offensive" verstärkt hatte. Rheinwacht hat bereits mehrere CD`s bei "Funny Sound" veröffentlicht. Über ihren Schlagzeuger Rony Krämer ist "Rheinwacht" auch an der Band "Sturmwehr" aus Gelsenkirchen, einer weiteren Lemmer-Band, beteiligt.

Starkstrom

Sänger dieser Düsseldorfer Rechtsrock-Band, die es bislang auf 2 CDs und eine Vielzahl von Auftritten gebracht hat gebracht hat, ist Stefan Rasche, Düsseldorfs wohl bekanntester rechter Skinhead. Als Schlagzeuger tritt Oliver Gade aus Düsseldorf in Erscheinung, dessen Hauptband allerdings die rechte Oi-Band "Rabauken" aus Erkrath ist.

unerheblich großen Kuchen des expandierenden Rechtsrock-Geschäftes zu profitieren. Als Beispiel hierfür ist die Übernahme des Managements der Neonazi-Band "Störkraft" aus Düsseldorf und Andernach durch Lemmer zu nennen, der spektakuläre Fernsehauftritte z.B. bei der Sendung "Explosiv" folgten.
Schon 1992 plante Lemmer ein Label für Rechtsrock unter dem Namen "Dorfmusik" sowie einen Vertrieb und eine eigene Musikzeitschrift. Hierfür schloß er sich unter anderem mit dem Herausgeber der "neurechten" Zeitschrift "Europa vorn", Manfred Rouhs, zusammen und gründete eine GmbH. Geplant waren u.a. die gemeinsame Fortführung von "Europa vorn" und die Herausgabe einer Musikzeitschrift mit dem Titel "Moderne Zeiten" (MZ), die erstmals im April 1993 erschien. Anfangs waren hieran noch der FWG`ler Marc Peters und der Sänger von "Störkraft" Jörg Petritsch beteiligt. Beide kehrten aber, ebenso wie Manfred Rouhs, dem Projekt bereits nach kurzer Zeit den Rücken. Im Juni 1993 wurde die Firma in "Creative Zeiten Verlag und Vertrieb GmbH" umbenannt, die von nun die MZ bzw. das Nachfolgeblatt "RockNORD" herausgab. Über den "Creative Zeiten Verlag und Vertrieb" läuft auch der MZ-Vertrieb, über den so ziemlich alles geordert werden kann, was das Naziskinherz erfreut: CDs, T-Shirts, Abzeichen, Literatur, Videos, Fahnen usw. usf.. Gesellschafter sind heute Lemmer, Charlotte Rosenberger aus Dinslaken und der Essener Andreas Zehnsdorf, der nach und nach die inhaltliche Gestaltung der Zeitschrift übernahm. Andreas Zehnsdorf, der ebenso wie Lemmer heute als Geschäftsführer der Firma auftritt, war bis 1992 in der währenddessen verbotenen Nazi-Partei "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) aktiv und hatte bereits genügend Erfahrungen mit der Erstellung von neonazistischen Fanzines gesammelt. Schon Ende der achtziger Jahre hatte er ein FAP-Blättchen mit dem Titel "Querschläger" herausgegeben, bevor er das "Ketzerblatt Frontal" in Leben rief, das einen größeren LeserInnenkreis auch außerhalb des neonazistischen Parteienspektrums ansprechen sollte. Herausgeber der sechsten und letzten Ausgabe des "Ketzerblatt Frontal", deren Ausgaben zumeist von der "Bundes-Prüfstelle für jugendgefährdende Schriften" indiziert wurden, war im übrigen ein Düsseldorfer Platten-Laden namens "Power-Station" mit Sitz auf der Corneliusstraße 117, über den der Inhaber und Kommunalwahlkandidat der REPs 1994, Bernd Buse, seit Jahren und bis heute immer noch die rechte Skinhead-Szene mit Rechtsrock versorgt.
Ende 1993 wurde eine zweite Firma gegründet, die "Funny Sound and Vision Produktions- und Handelsgellschaft mbH". Als einzige Gesellschafterin mit 50.000 DM Einlage trat zunächst die Schwester des REP-Funktionärs Dr. Robert Nagels, Charlotte Rosenberger, in Erscheinung, die aber Torsten Lemmer die alleinige Vertretungsberechtigung und Geschäftsführung überließ. Seit 1997 sind sowohl Lemmer, als auch Rosenberger mit jeweils 25.000 DM Einlage an der Firma beteiligt, als weiterer Geschäftsführer wurde Andreas Zehnsdorf eingesetzt.

"Funny Sound and Vision GmbH" mitsamt der angegliederten Labels "Destiny Records" und "Dr. Records" können heute als marktführend in der Rechtsrockszene bezeichnet werden. Lemmer und Co ist es nach und nach gelungen, eine Reihe von Bands unter Vertrag zu nehmen und sich trotz starker Anfeindungen und Boykottaufrufen in der Szene zu behaupten. In einem Teil der rechten Skinszene und organisierten Naziszene hat Lemmer den Ruf eines "Freys unter den Skins", in Anlehnung an den

 

Bundesvorsitzenden der "Deutschen Volksunion" (DVU), Gerhard Frey, der u.a. mit dem Verkauf von NS-Devotionalien Millionen verdient. Lemmer gilt als eitler Selbstdarsteller und als Geschäftsmann, dem es nicht um die Sache der Skins, sondern nur um Profit geht. Lemmer, der nie selber ein Skinhead war, wird als "Fremdkörper" in der Szene begriffen. Selbst Lemmers Bands lassen in Interviews oft keinen Zweifel daran, daß sie wenig von ihm halten. Trotzdem ist das Verhältnis zu ihm ambivalent, da eine Reihe von Bands von ihm nicht unerheblich profitieren.

 

Seit 1996 kann deutlich von einem stetigen Ausbau und einer Professionalisierung im Hause Lemmer gesprochen werden. Aus der eher mickrigen MZ wurde die monatlich erscheinende 36-seitige Vierfarbbroschüre "RockNORD", die heute laut Herausgeber eine Auflage von 15.000 Exemplaren hat. Die tatsächliche Auflagenhöhe ist nicht bekannt. Noch ist "RockNORD" allerdings nur im Abo beziehbar, ein Ausbau auf Kiosk- und Ladenverkauf ist aber bereits in Planung. Inhaltlich besteht " RockNORD", das sich nicht als Fanzine, sondern als "professionelle Zeitschrift" versteht, aus Interviews mit Bands, Konzertberichten, Gejammere über Angriffe durch Feinde sogenannter "nonkonformer Musik", Durchhalteparolen, Berichten aus der Rechtsrock-Szene und insbesondere Werbung für das Angebot des "MZ-Vertriebs" und Produkten aus dem Hause "Funny Sound...".
Die presserechtliche Verantwortung und Chefredaktion von "Rock Nord" hat Zehnsdorf kürzlich in erfahrene Hände abgegeben. Als presserechtlich Verantwortlicher fungiert nun der ehemalige Aktivist der JN und NPD, Mike Beyer, der 1996 von Rheine nach Düsseldorf gezogen ist. Beyer hat bis 1997 auch ein eigenes rechtes Fanzine herausgegeben, den "AMOK", der sich großer Beliebtheit in der rechten Skinszene erfreute. Zweiter Chefredakteur ist der ehemalige Landesvorsitzende der JN Hamburg, Jan Zobel, der seit 1997 in Düsseldorf lebt und seit Ende 1998 von Wersten aus einen Regionalanschluß des "Nationalen Infotelefons Hamburg" betreibt. Als Redaktionsmitglieder treten u.a. der Sänger der Düsseldorfer Rechtsrock-Band "Rheinwacht", Frank Krämer, und das Mitglied der Band "Body Checks", Jürgen Drenhaus, in Erscheinung.
Jüngste Entwicklung des Hauses Lemmers ist das kontinuierliche Vordringen in den Internetbereich. In Zusammenarbeit mit dem "Nord-Versand" des Hamburger Neonazis André Goertz, wird dieser Bereich nach und nach ausgebaut. Währenddessen geht regelmäßig das "Radio Nord" via Internet auf Sendung, daß potentiell Interessierten die Möglichkeit bietet, sich Neuerscheinungen auf dem rechten CD-Markt anzuhören. Auch das komplette Angebot des MZ-Vertriebs und Auszüge aus der "RockNORD" sind heute im Internet präsent. Lemmer und Co. scheinen noch lange nicht am Ende mit ihren Expansionsbestrebungen.

Was tun? Was tun!

Düsseldorf und Umland ist eine Hochburg neonazistischer Kultur-Aktivität. Die gesamte Palette ist vertreten, von Labels und Bands über Vertriebe und Fanzines bis hin zu Verkaufsläden. Eine antifaschistische Praxis muß das Vordringen der Neonazis in den öffentlichen Raum stoppen, ihre Strukturen angreifen, vor allem dort, wo sie sichtbar und erfahrbar für ein potentiell rekrutierbares Publikum sind. Dazu gehört das konsequente Unterbinden von kulturellen Veranstaltungen der extremen Rechten genauso, wie das bei "politischen" selbstverständlich sein sollte.
Den Kampf können wir letzten Endes aber nur dann gewinnen, wenn es uns gelingt, eine eigene, antifaschistischen (Jugend-)Kultur zu etablieren und Strukturen schaffen, die einer Ausweitung neonazistischer Aktivität etwas entgegenzusetzen vermögen.

Keinen Fußbreit den Faschisten!
Weg mit dem rechten Sound-Dreck!
Organisiert die antifaschistische Selbsthilfe!

RECHTSROCK IN LEIPZIG

Im Jahr 1992 konnte man verstärkt beobachten, daß viele Nazi-Skins kein richtiges Interesse an kontinuierlicher rechter Parteiarbeit hatten. Zunehmend verstanden sie sich als einen Teil einer rechten Subkultur, die sich vor allem, neben der obligatorischen Auseinandersetzung mit linken Jugendlichen und Überfälle auf nicht in ihr Weltbild passende Menschen, durch Konzerte und Fanzines auslebte. Bei den Konzerten, die mal legal, mal illegal getarnt als Geburtstagsfeiern stattfanden, konnten sich die Besucher mit ihrem Arm-in-die-Luft-halten und "Heil Hitler"-Gebrülle ohne strafrechtliche Konsequenzen austoben. Die Medien taten ihr übriges, um die rechte Subkulturszene zu hypen. Gerade in den Jahren 1992/93 berichteten die Medien fast täglich über rechte Bands und Konzerte und die dadurch einen gewaltigen Popularitätsschub erhielten. Der Rechtsrockmarkt boomt seit dieser Zeit und die Bands und Gruppen schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Mitglieder dieser Rechtsrockbands stammen meist aus lokalen Faschoszenen oder früheren Mitgliedern faschistischer Parteien. In den letzten zurückliegenden Jahren bemüht sich die NPD/JN (mit Erfolg) dieses Klientel für ihre Parteiarbeit zu nutzen. So werden Konzerte ausgerichtet und nicht selten treten Fascho-Bands im Rahmen von NPD/JN-Veranstaltungen auf. Auch der Parteiversand von der NPD und DVU hat sich mittlerweile auf die große Nachfrage nach der Nazimusik eingestellt und bietet verschieden Gruppen feil.

Einer der ersten Nazibands aus der Region Leipzig ist Kroizfoier aus Zwenkau südlich von Leipzig. Kroizfoier gründete sich Anfang 1991 und brachte ein Demo-Tape mit dem Titel "Komm zu uns" heraus. Im Juli 1992 brachte man die Platte "Ziel erkannt" bei dem Nazilabel Skull-Records aus Bad-Überklingen heraus. Bevor die Band wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß? im Dezember 1993 vor Gericht stand, gaben sie Konzerte unter anderem in Leipzig (bei der Geburtstagsparty von Dirk Amende ex-FAP jetzt NPD mit Oistar Proper/Leipzig und Oithanasie/Gera), Zwickau und Cottbus. Die Mitglieder der Band wurden verurteilt und nach der Verurteilung wurde es ruhig um die Band.
Mit Kroizfoier hatte Oistar Proper ihren ersten Auftritt im Januar 1993 in einer Gartenkneipe in Leipzig-Großzschocher. Dieses Konzert war eines der ersten R.A.C.- Konzerte (Rock Against Communism) in Leipzig. Gegründet hat sich die Band 1992 und kurz vor den Aufnahmen der ersten CD flogen sie aus dem Proberaum. Daraufhin benutzen sie den Proberaum von der Fascho-Band Toitonen (weiter hinten beschrieben) in dem Jugendclub "Völkerfreundschaft" . Schlagzeuger bei der Band war der damals einschlägig bekannte Nazischläger Danny Joschko, die Gitarre zupfte Marcus Werner, der unter anderem bei einem Überfall auf das Makranstädter Flüchtlingsheim im August 1992 beteiligt war. Die erste CD "Mach dein Ding" erschien ebenfalls bei Skull-Records und nach deren Veröffentlichung im November 1993 bekam die Band vom einem Scheuermittelhersteller eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung, da der Name einem Name eines Reinigungsmittel sehr ähnlich war. Mit der zweiten CD " Skinhead" hießen sie nur noch Oistar P. und der Bassist flog aus der Gruppe. Bei der dritten CD "Der Kampf geht weiter" wurde Oistar Proper von Skull-Records eigenmächtig in Stahlkroiz umbenannt. Das Label zog die Band richtig über den Tisch, denn auf Vergütung aus CD- und T-Shirt-Verkäufen warten die Bandmitglieder immer noch. Nach einem Konzert in Leipzig trennte die Naziband sich.

Oistarproper

Ebenfalls 1992 entstand die Band Toitonen. Die Mitglieder der Band stammen alle aus dem Umfeld der Völkischen Front und der FAP. Basser Sven Drescher (1990 kurzzeitig in der DVU) und der im Juli 1994 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommene Gitarrist Alexander Matjaschuk waren in der Völkischen Front aktiv, Drescher stand als einziger im Adressenbuch von Michael Kühnen, einer der führenden Nazis der achtziger und Anfang neunziger Jahre. Die anderen Toitonen-Mitglieder waren Andre Eisenhut, Daniel Walther und Andre Rother (später Oiphorie, jetzt Solution - weiter hinten im Text). Das erste Demo-Tape erschien im März 1993, wenig später wurde die CD "Walhalla ruft" (was für einen Wirklichkeit wurde) aufgenommen und über das Label E.S.V. vertrieben. Alle Fünf standen wegen Überfälle auf Asylbewerberheime (August 1992), Ausländer (Mai 1992) und Linke und wegen Volksverhetzung vor Gericht. Rother sang in dem Doku-Film "Glaube, Liebe, Hoffnung", in dem die Band bei Proben zu sehen ist, ein Lied zur Gitarre, in dem er Linke und Ausländer ins Gas schickt - was ihm eine Verurteilung einbrachte. Kurz nach der Veröffentlichung der CD wurde in den Proberaum eingebrochen und das ganze Bandequipment geklaut. Sie nahmen noch drei Lieder für ein Demo-Tape auf, danach trennten sie sich.

Die Toitonen CD "Walhalla ruft"

Eine unbedeutende Rolle nahm Askanier ein. Zu Konzerten oder CD-Veröffentlichung kam es nicht, weil der Sänger Peter Kunert zu einer Gefängnisstrafe unter anderem wegen Körperverletzung verurteilt wurde und die Band sich auflöste. Aber es entstand ein Demo-Tape mit grauenhafter ufta-ufta-Musik und wurde nie veröffentlicht. Der Gitarrist stieg später bei Schwurbrüder ein, ein anderes Bandmitglied (Linse) ist jetzt bei Solution.
Einen größeren Bekanntheitsgrad erlangte Oiphorie, die sich 1994 gründeten. Andre Fischer und Wal spielten vorher bei Volkssturm, Andre Rother bei den Toitonen. Den Proberaum teilte man sich mit Störenfried aus Schkeuditz. Noch 1994 erschien das erste Demo-Tape und auf dem Sachsensampler (1996) sind sie neben den Gruppen Die Weißen Riesen und Auf Eigene Gefahr (AEG) zu hören. Im gleichen Jahr erschien ihre CD "Was geht uns das an?" mit zehn Liedern bei DIM-Records. Oiphorie spielte auf unzähligen Konzerten, wie z.B. in Leipzig, Zwickau, Dresden und im Muldentalkreis, und 1997 löste sich die Gruppe auf. Fischer spielt seitdem bei der Oi!-Band Standart 84 und Rother gründete im selben Jahr Solution.

Oiphorie - in der Mitte unten Andre Rother, rechts Fischer

Aus Schkeuditz bei Leipzig stammt Störenfried. Ein Bandmitglied (Korti) spielte vorher bei Stahleemer , ein anderer bei Solution. Das Demo-Tape wurde 1996 eingespielt und es wurden ein paar Konzerte gegeben. Im selben Jahr stritt man sich mit Oiphorie, so da? die Band aus dem Proberaum flog. Teilweise wurden die Proben nach Hause oder nach Gera verlegt, bis ein Bandmitglied (Kuggi) wegen mehrere Delikte wie Körperverletzung in den Knast wanderte. Praktisch existiert Störenfried seit diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Am 28.Juni letzten Jahres spielten in Leipzig/Leutzsch Leipziger Fascho-Bands, die sich in den letzten Jahren gegründet haben - Odessa, Reichssturm, Ostara und Schwurbrüder.
Ostara ist eine Mädchen-Band aus dem Grünauer Jugendklub "Kirschberghaus". 1995 entstand die Band Odessa, die sich nach einer Nachkriegsorganisation von SS- und Wehrmachtsangehörigen benannt haben - in einer der Ausgaben des Nazi-Fanzine A.f.D. (Alles für Deutschland) liest es sich wie folgt: "Wir wollten eigentlich mit dem Namen unsere Ehrfurcht gegenüber diesen Kämpfern zeigen. Weil wir auch von der Arbeit dieser Organisation sehr fasziniert waren." Mittlerweile hat die Band knapp 15 Auftritte hinter sich, unter anderem mit Chaoskrieger und Zensur in Leipzig und ein Demo-Tape wurde im Proberaum aufgenommen. Odessa besteht aus vier Bandmitglieder zwischen 18 und 28 Jahren, einer von ihnen ist in der NPD aktiv. Der Proberaum von Odessa befand sich im Kirschberghaus in Leipzig/Grünau, in dem ebenfalls Reichssturm geprobt haben. Odessa mußte sich dem Druck des Jugendamtes und der Hausleitung beugen, nachdem diese Hinweise erhielten, daß es sich bei Odessa doch "irgendwie eindeutig" um eine Nazi-Band handelt: die oben erwähnten Quellen sprachen wohl für sich.

Reichsturm, die eine CD aufgenommen haben, gibt es mittlerweile nach Streitereien innerhalb der Band nicht mehr. Einige Mitglieder stiegen bei anderen Gruppen ein. Ebenfalls in Leipzig-Grünau, im Jugendclub Völkerfreundschaft, probt die relativ junge Band Stroifoier. Die Band Schwurbrüder gründete sich 1996 als Nachfolgeband von Oistar Proper . Neben einigen Auftritten in Sachsen und Thüringen, u.a. mit Sturmtrupp und Faustrecht. Im Frühjahr diesen Jahres wurde ein Demo-Tape aufgenommen und 1999 ist eine CD in Planung. Alle drei Bands, gerade Odessa , haben sehr gute Kontakte zur Muldentaler Naziszene.
Zu den neueren rechten Bandprojekten zählt Solution, die im Januar 1997 sich gründeten. In der Anfangsformation waren Andre Rother (Toitonen, Oiphorie), Rudi (Oiphorie) und jeweils ein Mitglied von Störenfried und Askanier. Neben einigen Auftritten entstand das Demo-Tape mit dem selben Titel wie der Name der Band "Solution". Ende letzten Jahres lösten sie sich auf, um sich mit dem Jahr 1998 neu zu formieren. Zwei Mitglieder stiegen aus und zwei von der Band Stahleemer und ein neuer Basser stiegen ein. Bis August diesen Jahres hatte die Band ihren Proberaum in den von der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Jugendclub "Kugel" . Seit geraumer Zeit ist diese Band mit einer eigenen Homepage im Internet vertreten.

Forschungsprojekt RechtsRock

Seit Anfang der 90er Jahre erfreut sich Musik mit rassistischen, antisemitischen, nationalistischen oder offen neonazistischen Texten zunehmender Beliebtheit unter Jugendlichen und Erwachsenen. Galt RechtsRock lange Zeit als die Musik extrem rechter bis neonazistischer Skinheads, so wie sie erstmals Anfang der 80er Jahre in England von der Band Skrewdriver präsentiert wurde, ist diese rechte Rockmusik gut zwanzig Jahre nach ihrem ersten Auftreten längst nicht mehr nur auf die Musik rechter Skinheads beschränkt. Obwohl diese, daß muß deutlich hervorgehoben werden, nach wie vor den Kern der RechtsRock-Szene bilden. Aber die stilistisch einheitlichen Bands der 80er Jahre, die den frühen RechtsRock prägten, gehören der Vergangenheit an. Mittlerweile werden rechte Inhalte auch mit der Untermalung mit Musik aus den Genre Hardcore, Punk, Heavy Metal, Tekkno oder Schlager präsentiert. Aufgrund dessen verwenden wir RechtsRock als einen Sammelbegriff für verschiedene Musikstile, deren verbindendes Element rassistische, nationalistische, antisemitische, extrem rechte bis neonazistische Texte sind. RechtsRock begreifen wir demnach nicht als eine bestimmte musikalische Stilrichtung, sondern lediglich als eine Klassifizierung für den politisch rechten Inhalt der Lieder. Die Musik selbst ist dabei eher Begleiterscheinung, ist Mittel zum Zweck, wie es der 1993 verstorbene Sänger der neonazistischen Skinhead-Band Skrewdriver, Begründer des extrem rechten kultur-politischen Netzwerkes und Terrororganisation Blood & Honour und heutigen Kultikone der rechten Skinhead-Szene Ian Stuart Donaldson hervorhob: "Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näherzubringen, besser als dies in politischen Veranstaltungen gemacht werden kann, kann damit Ideologie transportiert werden."

Die unter dem Sammelbegriff RechtsRock zusammengefaßte Stilvielfalt präsentiert in seiner ideologischen Ausrichtung eher die Vorstellungen einer 'Alten' Rechten. Die Musik des Industrial, Neo-Folk oder Dark-Wave hingegen, die bisher nicht unter den Begriff RechtsRock subsumiert wird, bezieht sich vorwiegend auf Denker und Ideologeme der sog. 'Neuen' Rechten respektive auf deren theoretische Vordenker des italienischen Faschismus oder der sog. Konservativen Revolution. Obwohl hier eine idealtypische Trennung im Bereich der Ideologie vorgenommen werden kann, existieren häufig Grenzgänge.

Der Forschungsschwerpunkt RechtsRock im Themenspektrum der extremen Rechten befaßt sich mit der Analyse der verschiedenen Facetten rechter Rockmusik im Hinblick auf Auftreten respektive Erscheinungsbild, Verbreitung und ideologischem Gehalt.

Wenn Jugendliche auf Rechtsrock stehen
 

Für die Reinheit unserer Rasse sind wir bereit, zu den Waffen zu greifen. Es kommt unsere Zeit für Deutschland und fürs Reich", grölte die Gruppe Kraftschlag Anfang der 90er-Jahre. Das Schlimme: Die Platten sind zwar verboten, aber noch im Umlauf. Noch immer fahren viele Jugendliche auf rechte Parolen ab. Und immer wieder fallen Eltern aus allen Wolken, wenn sie mal genau hinhören, was für Texte da aus den Zimmern ihrer Teens schallen.
"In fast jeder Schulklasse hören mindestens zwei Jugendliche rechte Musik", schätzt der Berliner Rechtsrock-Experte Klaus Farin. Doch was steckt dahinter, wenn Kinder plötzlich einen musikalischen "Rechtsruck'" machen? "Viele Teenager fühlen sich von rechten Liedern angezogen, weil sie verboten sind", so Farin. Manchmal ist auch nur pure Neugier im Spiel. "In den wenigsten Fällen steht eine rechtsradikale Gesinnung hinter der Musik-Vorliebe."
Wenn Kinder also "nur mal so" rechte Musik hören, müssen Eltern nicht gleich befürchten, dass ihr Kind zum Neonazi wird. "Zeigen Sie Interesse an der Musik, versuchen Sie, über Texte zu diskutieren", rät Farin. "So finden Sie heraus, was IhrKind an der Musik fasziniert. Wenn Sie eine Band nicht mögen, sollten Sie das deutlich sagen: Auch wenn Jugendliche tun, als legten sie keinen Wert auf die Meinung der Erwachsenen, sind sie doch daran interessiert. Wenn Eltern dagegen schweigen (um Konflikte zu vermeiden), wird das indessen als Gleichgültigkeit gewertet. Wichtig: Keine vorschnellen Verbote - das macht die Musik erst richtig interessant
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„Rechtsrock"

Eine Veranstaltung zur Musikscene der militanten Neo-Nazis

Schlagzeilenträchtig tauchen seit Anfang der 90er Jahre „Skinheads" immer wieder als neo-nazistische Gewalttäter in der Öffentlichkeit auf. Städte wie Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen gelangten durch die dort verübten Anschläge über Nacht ins Blickfeld der Republik.

Im Zuge der Wiedervereinigung ist das Klima auf deutschen Straßen spürbar rauer geworden. Rassistische Übergriffe und Morde gehören zur Alltagsrealität; rechtsradikale Aufmärsche zum gewohnten Wochenendbild, nicht bloß im Osten der Republik, wie die zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen auch in NRW zeigen .